BVBB Bürgerverein Berlin Brandenburg e.V.

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Märkische Allgemeine» Lokales» Dahme-Spreewald» Lokalnachrichten 11.08.2011

INTERVIEW: Zurück an einen gemeinsamen Tisch

Bürgermeister aus drei Orten setzen sich in Sachen Flugrouten für mehr Sachlichkeit ein und erinnern an den verabschiedeten Grundsatz

Immer wieder gibt es neue Wortmeldungen zu den Flugrouten. Jeder scheint sein Schäfchen ins Trockene bringen zu wollen. Dabei gibt es seitens der Fluglärm- kommission eine Grund- satzentscheidung. Die verteidigen die Bürgermeister aus Zeuthen, Beate Burgschweiger, aus Schulzendorf, Markus Mücke, und aus Eichwalde, Bernd Speer, in einem Gespräch mit Andrea Müller.
MAZ: Sie haben den Wunsch geäußert, unbedingt noch einmal etwas in Sachen Flugrouten zu sagen. Warum?
Markus Mücke: Die Diskussion sollte zur Sachlichkeit zurückkehren. Es melden sich immer mehr Menschen zu Wort und nutzen das Sankt-Florians-Prinzip als Argument. Aber in dem Moment, in dem sie selbst betroffen sind, schwenken sie um. Die, die sich jetzt beklagen, dass andere um die Flugrouten schachern, fangen doch selbst mit der Schacherei an und beklagen sich so doch eigentlich über sich selbst.
Sie sprechen von Herrn Ungvari von der TH Wildau?
Mücke: Ich spreche von denen, die sich in den letzten Tagen in den Zeitungen geäußert haben. Das sind zum einen Initiativen, aber auch Einzelpersonen.
Bernd Speer: Ich würde einfach mal versuchen, hier einzuhaken. Meiner Meinung nach hebt die Diskussion jetzt von dem Ergebnis und den Beratungen der Fluglärmkommission ab. Die hat damit geendet, das zu prüfen, was nach heutigem Erkenntnisstand die geringste Betroffenheit für alle beinhaltet. Da ging es nicht um die Frage, dass es keine Betroffenen geben wird. Vielmehr geht es dabei um einen Vorschlag, der rechnerisch untermauert ist und von dem Grundsatz ausgeht ’So wenig Betroffenheit wie möglich’. Das ist ein Minimalkonsens gewesen, den eigentlich alle in der Region getragen haben und weiter tragen müssen. Kaum aber soll dieser geprüft werden, melden sich nun wieder einige zu Wort und wenden das SanktFlorians-Prinzip in Reinform an. Sie haben von der Problematik nicht mehr Ahnung als Bürgermeister Speer, aber tun so, als wüssten sie, welche Routen gut und welche schlecht sind. Das halte ich schlichtweg für unseriös. Ich sage, das kann ich nicht bewerten, vertraue aber der Arbeit der Deutschen Flugsicherung und warte auf die Prüfergebnisse. Dann wird man wieder diskutieren können.
Beate Burgschweiger: Wichtig in der Fluglärmkommission war der Konsens, es muss die geringste Belastung für die Bevölkerung erreicht werden. Dabei kann man nicht allein über einzelne Routen reden, sondern das Gesamtkonzept ist zu betrachten. So wie das Routenkonzept jetzt vorliegt, ist es das Ergebnis eines halben Jahres Arbeit und zwar einer Arbeit, die wir als Bürgermeister verantwortungsvoll für die Region geleistet haben. Da waren die Kollegen zum Teil aus Wildau, aber auf jeden Fall aus Königs Wusterhausen beteiligt. Sie waren alle auf regionaler Ebene bis hin zu den Ministerien eingebunden. Was wir jetzt haben, ist das Ergebnis dieser Gespräche. Nun muss nachgewiesen werden, dass das vorliegende Konzept wirklich die niedrigste Belastung darstellt. Dort, wo Lärmbelastungen zu erwarten sind, müssen so schnell wie möglich Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden und nicht erst mit Eröffnung des Flughafens in Schönefeld. Wegen der erneuten Diskussion kommen wir jetzt ja gar nicht zu dem, was mit Vorrang eingefordert werden sollte.
Was hat denn Vorrang?
Burgschweiger: Das, was die Region eint. Uns eint das Nachtflugverbot, uns eint die sofortige Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen über die zurzeit noch festgelegten Lärmschutzgebiete hinaus und uns eint, dass hier kein internationales Drehkreuz entstehen darf. Das sind wichtige Themen, die wir in der Region angehen müssen. Darum ist es wichtig, dass die Diskussion, die gegenwärtig ein wenig aus dem Ruder gerät, auf die Sachebene zurückgeführt wird.
Momentan habe ich den Eindruck, jeder sieht nur sein unmittelbares Territorium. Wie kann denn eine Einigung aller Initiativen und Persönlichkeiten erreicht werden?
Mücke: Das ist genau der Punkt, warum wir den Grundsatz „So wenig Belastung wie möglich“ verabschiedet haben und zwar entsprechend eines Katalogs vom Umweltministerium. Darin wird genau definiert, welche Route welche Belastung hat. Da geht es nicht um Bürger X und Institution Y oder Straße Z – es geht um die Region.
Und wie können die einzelnen Strömungen nun zusammengebracht werden?
Mücke: Man muss sich diesem Grundsatz unterwerfen und erkennen, dass man das Problem nur unter dem Blickwinkel der Region bewerten kann. Wir sind alle betroffen. Die Bürgermeister in der Fluglärmkommission vertreten eben nicht in erster Linie ihre Gemeinde, sondern die Region. Der Blick muss über den eigenen Tellerrand hinaus reichen.
Burgschweiger: Natürlich sind wir die Bürgermeister unseres jeweiligen Ortes und treten für die Interessen unserer Gemeinden ein. Aber unsere Verantwortung geht noch ein Stückchen weiter. Es geht um die Region. Mit diesem Ansinnen sind wir vor einem halben Jahr in der Fluglärmkommission angetreten. Jetzt will irgendwie jeder für sich kämpfen und deswegen haben wir drei Bürgermeister uns hier zu Wort gemeldet. Wir können den Frust der Leute in Königs Wusterhausen und Wildau absolut verstehen, Diesen Ärger haben wir alle gespürt und ich danke allen, die seit vielen Monaten immer wieder zu den Demos kommen.
Mücke: Ich bedauere zudem, dass die Formulierungen derjenigen, die sich zu Wort melden, immer sehr oberflächlich und allgemein gewählt sind. Jeder spricht davon, dass er überflogen wird. In welcher Höhe spielt schon gar keine Rolle mehr. Darüber hinaus werden Werte von Belastung gehandelt, die nicht fair gehandhabt werden. Während wir von Durchschnittswerten ausgehen, nennen andere Spitzenwerte, um die Diskussion aufzubauschen. Auf diese Weise wird die Diskussion unsachlich; es wird nicht ehrlich argumentiert.
Ist das nicht vielleicht alles Ausdruck eines Misstrauens, weil über so viele Jahre die wahren Flugrouten nicht benannt worden sind?
Speer: All das, womit wir in der Diskussion jetzt zu tun haben, ist ein Produkt dessen, was in der Vergangenheit versäumt worden ist. Da gab es falsche Veröffentlichungen, die Probleme als gelöst darstellten. Jetzt aber, wo die Fakten auf dem Tisch liegen, ist der Aufschrei groß. Die Entscheidungsträger aber haben vor zehn, zwölf Jahren schon gewusst, hier wird es nicht zwei Routen geben, sondern ein ganzer Lärmteppich ausgerollt. Das hat Misstrauen erzeugt. Was mich jetzt stört ist, dass hier Menschen gegeneinander ausgespielt werden, die alle von dem Lärmteppich betroffen sind. Alle. Denn auch die weniger dicht gewebten Stellen gehören immer noch zum Teppich und die Leute sind von Lärm betroffen. Und da sind wir wieder bei unserem Grundsatz, der da sagt, die Summe der Betroffenheit muss so gering wie möglich gehalten werden. Als dieser Beschluss gefasst wurde, wusste ich noch nichts von den Flugrouten, war aber offen, um diesem Grundsatz zu entsprechen. Und das vermisse ich bei anderen, die nur so lange offen sind, wie es sie nicht trifft. Wenn sie dann merken, es trifft sie doch, sind sie wieder dagegen. Hier vermisse ich eine gewisse Solidarität.
Wie kriegt man denn nun wieder alle an einen Tisch?
Mücke: Es wäre schön, wenn man wieder Vertrauen in die zuständigen Stellen schaffen könnte. Ich hoffe, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherheit sich nicht beeindrucken lässt von bestimmten Redebeiträgen, sondern in Ruhe alles prüft und eine weise Entscheidung trifft.
Burgschweiger: Indem wir Bürgermeister gemeinsam Unterschriften gegen ein Nachtflugverbot sammeln, signalisieren wir den Bürgern, dass wir zusammen etwas unternehmen und so den Nachtflug und den Ausbau des Flughafens zu einem internationalen Drehkreuz verhindern. Wir sollten auch gemeinsam erreichen, die Lärmschutzmaßnahmen so schnell wie möglich umzusetzen.
Mücke: Hier erwarte ich, dass der Ministerpräsident Matthias Platzeck zu seinem Wort steht, dass Lärmschutz vor Wirtschaftlichkeit geht. Er muss sich dafür stark machen, dass hier nachts nicht geflogen wird.
Speer: Wir sollten gut beobachten und werden ein genaues Auge darauf haben, ob unser Vertrauen in die Flugsicherung nicht durch Einflussnahme von außen enttäuscht wird. Das hat in der Vergangenheit bereits zu der falschen Standortentscheidung für Schönefeld geführt. So etwas darf nicht noch einmal passieren.